16.08.2017

Ist Blut wirklich dicker als Wasser? Ein Faktencheck

Die Redewendung „Blut ist dicker als Wasser“ wird oft verwendet, um die besondere Verbindung innerhalb von Familien zu betonen. Doch stimmt der Satz auch im wörtlichen, physikalischen Sinn? Wir vom Blutspendedienst West haben uns diese Binsenweisheit mal genauer angeschaut – mit einem wissenschaftlichen Blick und einer Prise Neugier.

Was bedeutet eigentlich „dick“ bei Flüssigkeiten?
In der Physik beschreibt man die Zähflüssigkeit von Flüssigkeiten mit dem Begriff Viskosität. Je höher die Viskosität, desto langsamer fließt eine Flüssigkeit – einfach gesagt: je „dicker“, desto träger.
Das kann man sogar zuhause testen: Ein Tropfen Wasser auf einer schräg gehaltenen Messerklinge fließt deutlich schneller als ein Tropfen Honig. Warum? Weil die Teilchen im Honig stärker aneinander haften und so die Bewegung hemmen – man nennt das innere Reibung.

Wie sieht’s mit Blut aus?
Auch Blut hat eine Viskosität – die sogenannte Blutviskosität. Allerdings ist Blut eine komplexe Flüssigkeit und verhält sich nicht wie Wasser oder Öl. Es handelt sich nicht um ein sogenanntes Newtonsches Fluid; das bedeutet, sein Fließverhalten verändert sich unter bestimmten Bedingungen – es ist nicht konstant. Ein spannender Effekt ist hier der Fåhraeus-Lindqvist-Effekt: Je kleiner ein Blutgefäß ist, desto geringer wird die Viskosität des Blutes. Das sorgt dafür, dass Blut auch durch sehr enge Kapillaren problemlos fließen kann – ein raffinierter Trick unseres Körpers!

Warum kann Blut „anpassungsfähig“ fließen?
Das liegt unter anderem an der besonderen Form und Flexibilität der roten Blutkörperchen (Erythrozyten). Diese können sich in engen Gefäßen verformen, sodass sie sich optimal an die Strömung anpassen. Zusätzlich wirken sogenannte Scherkräfte in den Gefäßen, die die Erythrozyten in die Mitte des Blutstroms drücken – das sorgt für effizienteren Blutfluss. Unser Körper denkt eben mit!

Also: Ist Blut physikalisch dicker als Wasser?
Im Durchschnitt ja! Die Viskosität von Wasser liegt bei etwa 1 mPas (Millipascal-Sekunde), die von Blut bei etwa 4,5 mPas – also gut viermal so hoch. Dieser Wert kann jedoch schwanken, je nach:

  • Anzahl der Blutzellen
  • Alter oder Geschlecht
  • Temperatur
  • Gesundheitszustand
  • Ernährung oder sogar äußeren Einflüssen wie Kälte oder Hitze

So liegt die Blutviskosität bei Männern meist etwas höher als bei Frauen, und bei Neugeborenen kann sie sogar bis zu 6 mPas betragen.

Woher kommt eigentlich die Redensart?
Interessanterweise ist die Herkunft des Spruchs „Blut ist dicker als Wasser“ nicht ganz so eindeutig, wie es scheint. Ursprünglich könnte er auf alte Blutverträge zurückgehen, die in biblischen Zeiten geschlossen wurden. Dabei wurde Blut als Symbol für besonders starke, verpflichtende Bindungen verwendet – teils sogar stärker als familiäre Beziehungen. In manchen Interpretationen steht das „Wasser“ symbolisch für Taufwasser oder Fruchtwasser, also familiäre oder spirituelle Herkunft.

Fazit: Physikalisch stimmt es

  • Blut ist „dicker“ als Wasser.
  • Sprachlich ist’s komplizierter: Die Redensart ist vielschichtiger, als man denkt.
  • Und medizinisch? Blut ist nicht nur komplex, sondern auch ziemlich clever – und damit eine echte Meisterleistung des Körpers.

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