Fallbeispiel Neonatale Immunneutropenie (NIN)
Bei einem frühgeborenen Mädchen mit Nabelentzündung fällt eine Neutropenie auf, die 4 Wochen nach der Geburt immer noch besteht.
DD: Schwere Congenitale Neutropenie (Kostmann-Syndrom)
Neonatale Immunneutropenie (NIN)
Die Untersuchung von mütterlichem und kindlichem Plasma im Granulozytenagglutinationstest (GAT) und Granulozytenimmunfluoreszenztest (GIFT) zum Nachweis granulozytenreaktiver Antikörper ergibt folgende Ergebnisse:
Testgranulozyten A: HNA-1a (+), 1b (-)
Plasma der Mutter positiv
Plasma der Mutter stark positiv
Plasma des Kindes deutlich positiv
Testgranulozyten B: HNA-1a (-), 1b (+)
Plasma der Mutter negativ
Plasma der Mutter mäßig positiv
Plasma des Kindes schwach positiv
Im glykoproteinspezifischen ELISA (MAIGA) können diese Antikörper näher spezifiziert werden: sie reagieren mit dem auf dem Fcγ-Rezeptor IIIb lokalisierten Antigen HNA-1a und HLA Klasse I-Molekülen. Die schwach positiven Reaktionen im GIFT mit den HNA-1b-homozygoten Granulozyten sind auf die zusätzlich vorhandenen HLA-Antikörper zurückzuführen. Die Bestimmung der Fcγ-Rezeptor IIIb-Allele in der Familie ergibt folgende Konstellation:
PCR-Typisierung der Fcγ-Rezeptor IIIb-Allele
Mutter: HNA-1a (NA1) negativ, HNA 1b (NA2) positiv
Vater: HNA-1a (NA1) positiv, HNA 1b (NA2) negativ
Kind: HNA-1a (NA1) positiv, HNA 1b (NA2) positiv
Damit ist die bestimmte Antikörperspezifität schlüssig, die Mutter hat sich an ihrem Kind gegen das Merkmal HNA-1a, das sie selbst nicht trägt, immunisiert. Die Konstellation ist typisch für eine Neonatale Immunneutropenie. Das Wiederholungsrisiko liegt in diesem Falle bei 100%, da der Vater homozygot für das Merkmal HNA-1a ist.
Therapievorschlag: durch Gabe von G-CSF die kindliche Granulozytenproduktion anregen, dadurch wird eine beschleunigte Elimination der mütterlichen Antikörper erreicht. In weniger gravierenden Fällen ist die prophylaktische Gabe von Antibiotika ausreichen